Als Hans und Henry die Charts stürmten – Hans Blum komponierte Hits am Fließband für sich und für andere

Hans Blum am Klavier

Gibt auch mit 81 Jahren noch den Takt vor: Hans Blums alias Hernry Valentino. (Foto: BFH)

Es ist die Krux des kreativen Komponisten, dass seine Lieder oft bekannter sind als der Mann hinter den Noten. Auch bei Hans Blum kennen die meisten Menschen wohl seine berühmten Schlager, aber weniger ihren Schöpfer. Lieder wie „Zigeunerjunge“, „Zucker im Kaffee“ oder „Jetzt geht die Party richtig los“ kann heute noch jeder Schlagerfreund praktisch auf Kommando trällern.

Doch obwohl der heute im bergischen Overath lebende Hans Blum auch unter seinem bürgerlichen Namen einen Top-Ten-Hit landete, ist er als Sänger mehr unter seinem Pseudonym legendär. Als „Henry Valentino“ stürmte das musikalische Multitalent in den 70er-Jahren mehrfach die deutschen Charts.


Sein musikalisches Handwerk lernte der gebürtige Hannoveraner von der Pike auf. Während der letzten Kriegsjahre studierte Blum Musik und sein Lieblingsinstrument wurde der Kontrabass. Glücklicherweise konnte sein damaliger Lehrer den geliebten Bass vor den Bomben retten. Ein Glücksfall, denn in den Nachkriegsjahren musste der junge Hans ja auch irgendwie Geld verdienen. „Wir hatten nichts, keine Schuhe, keine Strümpfe, aber viel Hunger“, erinnert sich Blum an die mageren Anfangsjahre

Hans Blum mit Alexandra und Fred Weyrich

Für die legendäre Alexandra komponierte Hans Blum den Evergreen “Zigeunerjunge”. (Foto: Archiv Blum)

Mit dem „Bernd-Rabe-Swingtett“ spielte er für die Amis zunächst Benny-Goodman-Titel, um dann Anfang der 50er Jahre das eigene „Hansen-Quartett“ zu gründen. In dieser Band lernte Blum dann auch seine spätere Frau Ingetraut kennen, mit der er im Jahre 2006 Goldene Hochzeit feierte. Auch für Blum begannen jetzt goldene Zeiten. Mit dem nach ihm benannten Quartett gastierte er bei Schallplattenaufnahmen und Revuefilmen. Auch in Köln wurden die Plattenproduzenten auf ihn aufmerksam.

Nach Anfängen als Backgroundsänger wurde Blum in den Electrola-Studios am Maarweg zunehmend auch als Arrangeur gebucht. „Das Geschäft lief für die Schallplattenfirmen in den 50er-Jahren gut, weil es einen enormen Nachholbedarf an ,Happy Music´ gab“, erinnert sich Blum. Gefragt waren damals besonders eingedeutschte Coverversionen internationaler Hits. Diese Stücke musste natürlich auch entsprechend für die deutschen Aufnahmen neu arrangiert werden. Damals half da einem noch kein Computer, sondern nur solides Handwerk. „Das musste man gelernt haben. Die Musiker kamen ja einfach ins Studio und spielten das Stück von den Noten ab, ohne es vorher gehört zu haben. Und dann wollte der Produzent natürlich, dass das Lied in Deutsch natürlich genauso toll klang wie bei den Amerikanern“, erzählt Blum.

Ende der 50er Jahre stand dann auch der Coasters-Hit „Charly Brown“ zur „Germanisierung“ an – was Blum kurzerhand selbst erledigte. „Der Sänger in mir war damals eigentlich nur eine Notlösung“, erzählt Blum. Die „Notlösung“ überzeugte aber mit seiner Reibeisenstimme und das Lied schaffte Platz 5 in den deutschen Verkaufscharts.

Anschließend konzentrierte sich Blum wieder aufs texten und komponieren. Mit enormen Erfolg: Ob nun Graham Bonney mit „Siebenmeilenstiefel“ spazierte, Erik Silvester den „Zucker im Kaffee“ anrührte oder Boney M das Schicksal des Freiheitskämpfers „El Lute“ beklagte – immer hatte Blum seine Noten mit im Spiel. Mit den Songs „Beiß nicht gleich in jeden Apfel“, „Mein bunter Harlekin“ oder dem „Schönen Mädchen von Seite 1“ räumte er bei den Schlagerfestivals der 60er und 70er Jahre reihenweise erste Plätze ab. Auf internationaler Ebene schaffte Ingrid Peters im Jahre 1988 beim Grand Prix Eurovision de la Chanson mit Blums „Über die Brücke geh´n“ immerhin Platz 8.

Hans Blum und Hildegard Knef

Mit den Großen des Showbusiness auf Du: Hans Blum mit Hildegard Knef. (Foto: Archiv Blum)

Und die berühmte Alexandra verliebte sich 1966 in den Zigeunerjungen. So hieß Blums Lied, das damals noch in der Schublade schlummerte. „Alexandra hat mich im Jahre 1966 mit ihrem Produzenten besucht und fand den Text sofort bemerkenswert.“ Der „Zigeunerjunge“ wurde für die 1969 tödlich verunglückte Sängerin dann so etwas wie die Erkennungsmelodie. Nach soviel Zuarbeit trat Blum in den 70er Jahren wieder selbst vors Mikro – allerdings inkognito. Weil er kurz zuvor bei einem Trödler in Köln ein altes Grammophon erstanden hatte, kam ihm die Idee zu einem Ragtime: „Ich hab gedacht, man müsste eine Produktion machen mit so einem alten kratzigen Sound“.

Den gewünschten Effekt erzielte er durch das Herausmischen der Höhen und Tiefen, was dann klang, als würde jemand durch einen Trichter singen. Daraus wurde der Hit „Ich hab dein Knie geseh´n“, den Blum als „Henry Valentino“ unters Volk brachte: „Eigentlich wollte ich mich Henry Caruso nennen, doch der Plattenfirma war das zu gewagt.“

Und obwohl der Nachfolger „Henry zeig dich mal ohne“ vergleichsweise floppte, sollte Henrys größter Hit noch folgen. Zusammen mit der Sängerin Uschi Peysang landete Blum mit „Im Wagen vor mir“ im Jahre 1977 einen Evergreen, den später sogar „Die Toten Hosen“ coverten. Die Musik lässt den mittlerweile 81-jährigen Erfolgsautor noch immer nicht los. „Musik wird immer gebraucht“, sagt Blum. Lange Zeit hat er die musikalische Entwicklung eher skeptisch verfolgt: „Eine Zeitlang klang durch die Computersounds alles gleich. Ich konnte es mir nicht anhören, ich musste abschalten. Das war unerträglich, aber das ist besser geworden. In seinem schmucken Eigenheim hört er auch gerne mal moderne Bands wie Fettes Brot. Das idyllisch gelegene Haus sah auch schon große Stars wie Al Martino oder Peter Frankenfeld ein- und ausgehen. „Ich habe hier auch die ersten Aufnahmen für Agnetha von Abba gemacht, da war sie erst 16 Jahre alt“, erinnert sich der Musiker.

Mittlerweile lässt es Blum mit Ehefrau Ingetraut etwas ruhiger angehen. Doch er ist nach wie vor musikalisch aktiv. Regelmäßig tritt Blum in Fernsehsendungen auf, veröffentlicht CDs oder sortiert sein umfangreiches Archiv. „Die Musik ist in mir drin und muss einfach raus“, lacht Blum – und setzt sich wieder ans Klavier.

19 Gedanken zu „Als Hans und Henry die Charts stürmten – Hans Blum komponierte Hits am Fließband für sich und für andere

  1. Hi Bernd,

    das ist je echt toll, was du so alles machst.
    Genau wie das Buch „Aufgewachsen in Köln“ ist fantastisch. Da erkenn ich wirklich viele Situationen wieder, die wir damals so erlebt haben.

    Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg und vielleicht hören oder sehn wir uns ja mal irgendwo.

    Viele Grüße
    Karin

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  2. Hallo Herr Blum,
    möchte auf diesem Wege mal ein großes Dankeschön hier lassen für die viele schöne Musik die aus ihrer Feder bzw. Kehle kam!!
    Habe eben gelesen das sie auch in Hannover geboren wurden!
    Würde mich sehr geehrt fühlen,wenn sie auf meiner HP einen Gästebucheintrag tätigen würden! 🙂
    Alles Gute für Sie!
    Mit lieben Grüßen aus Hannover
    Heidi

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  3. Lieber Herr Blum,
    bin -wie zufällig- auf ihre HP gestossen. Erinnern Sie sich noch an das kleine Bürgerfunk-Studio Radiotreff Gl in Leichlingen-Witzhelden? Ich denke gerne an unser damaliges Gespräch zurück. Inzwischen haben wir uns vom Lokalfunk zurückgezogen – Sie kennen ja sicher die völlig veränderte Basis für diese Bürgerbeteiligung. (Keine Förderung mehr nach gesendeten Minuten/keine Erlaubnis für Themen, die aus dem lokalen Interesse herausfallen/Akkreditierung nur noch mit offiziellem Zertifikat für Medienbeauftragte, was auch immer das beinhaltet oder nicht) Es gibt noch einige Gruppen, die sich das alles angetan haben und weiter produzieren – wir „alten“ haben uns andere Betätigungsfelder gesucht (und gefunden). Bin sogar, zusammen mit meiner jngsten Tochter (39) schon hier und da wieder als Duo aufgetreten (Sopran und Alt). Ich hoffe, es geht Ihnen und Ihrer Gattin nebst Familie gesundheitlich noch erträglich. Ihre Liebe zu den Tönen ist ja noch ungebrochen, wie ich auf Ihrer HP las! Herzliche Grüsse U. Hellmann

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  4. Hallo Herr Blum,
    ich bewundere sehr Ihre Arbeit und wünsche mir als Musiker weiterhin viel von Ihnen zu hören.
    Vielleicht wieder ein Riesenhit
    wie über die Brücken gehn
    oder
    ich hab Dein Knie gesehn
    sind meine Lieblingssongs
    herzliche Grüße
    aus dem Saarland

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  5. Hallo Bernd,

    da Du Dich möglicherweise intensiv mit den Liedern von Hans Blum beschäftigt hast, mal eine Frage:
    Vor einigen Jahren hörte ich ein Lied von „Henry Valentino“ im Radio. Es beschrieb einen Mann, der aus der Ferne die Hochzeit seiner Ex-Geliebten verfolgt und darüber sinniert, daß die Leidenschaft dieser ehemaligen Liebesbeziehung den Ehe-Alltag nicht überlebt hätte, daß er die Frau aber nun wohlwollend in den Händen eines anderen Mannes weiß.

    Kannst Du mir verraten, wie dieses Lied heißt und wann es auf welcher Platte veröffentlicht wurde?

    Vielen Dank & Beste Grüße!

    Holger

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  6. Lieber Herr Blum, für mich sind Sie ein absolutes Genie. Vielen Dank für Ihre tollen Songs sendet Ihnen Uwe Heissler aus Hamburg-Barmbek

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  7. „Im Wagen vor mir“ war für mich d a s musikalische Highlight meiner Kindheit. Was mich damals faszinierte, finde ich heute als Erwachsener immer noch überragend. Danke für Ihre tolle Musik, allesamt Evergreens.
    mfG H.

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  8. Hallo, Herr Blum!
    Was mich als Radiomoderator interessieren würde:

    „Im Wagen vor mir“ – welches ist das Original?
    Die mit Daffi oder Uschi?

    LG – René

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  9. Hallo Hr. Blum,

    kürzlich habe ich Ihren Titel „Inge Brück – Anouschka“, den ich schon nach dieser langen Zeit fast vergessen hatte, ausgegraben, der so typisch das Lebensgefühl der 60iger widerspiegelt. Etwas, was einer Sido und Bushido- verseuchten Jugend heute meist nicht mehr vermittelbar ist.
    Ich höre heute eher wehmütig solche gefühlvoll komponierten Lieder, in der Erkenntnis, im Vergleich zu heute, etwas verloren zu haben.
    Mit Dank und großem Respekt an Ihre Leistung.

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  10. Hans blum ist und bleibt einer der groessten songschreiber,die deutschland zu bieten hat.leider sind vielen menschen die tollsten lieder von ihm kein begriff.zb.hans und franz in germany von sue und sunny.frage die liebe,summa sumarum von peter beil.mein junge stellt fragen von hans blum.cassata in milano von rita sandor.kaspertheater von bettina.bye bye yokohama von den peanuts.ich glaube,ich koennte noch mehrere stunden schreiben um weitere tolle lieder dieses grossartigen komponisten und produzenten aufzufuehren.lieber hans blum,andieser stelle wuensche ich dir alles gute zum 84sten geburtstag.noch viele glueckliche und gesunde jahre mit deiner frau .alles liebe aus duesseldorf

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  11. Hallo, lieber Hans Blum

    Hier ist Babs Nielsen, Margit Scherer,
    Das Fest steht vor der Tür, wir müssen
    Bitte dringend telefonieren!!!! ich wohne in
    essen und bin bald bei Dir/Euch in der Nähe
    Und hoffe auf ein Wiedersehen.Ich unterrichtete Geang und mache noch Auftritte als Solistin muss Eich sehen.
    ganz liebe Grüsse

    margit Scherer

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  12. Hallo Herr Blum, wenn ich mir vorstelle, dass ich als Kind ihre Lieger geliebt, gepfiffen, gesungen habe…. Hut ab! Habe damals in Rösrath meine Kindheit verlebt, ist ja ganz in der Nähe. Bin 63er Baujahr und werde auf meiner 50er Feier mit Sicherheit einige ihrer Lieder spielen. Manche sind auch so toll tn Erinnerung, die kann man auch laut im Auto singen!!! DANKE!!!!!

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  13. Sehr verehrter Herr Blum,
    in meiner Eigenschaft als Prof. für Germanistik an der Universität Frankfurt/M möchte ich nächstens einen Vortrag zum Thema „Lied und Lyrik in 150 Jahren SPD-Geschichte“ halten. Dabei soll Ihr „Charly Brown“ besprochen und von mir zum Klavier gesungen werden. Leider kann ich kein Noten-Exemplar auftreiben, so dass ich das wunderbare Lied vom Youtube abschreiben müsste. Könnten Sie mir vielleicht eine Kopie Ihrer verfügbaren Noten zukommen lassen. Ich wäre gern bereit, eine kleine Spende an einen Adressaten Ihren Wahl (oder auch an Sie persönlich) zu entrichten. Wenn Sie einen Anruf wünschen, teilen Sie mir bitte Ihre Telefonnummer mit.

    Mit vielem Dank im Voraus
    Ihr
    Wolfgang Herrmann

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  14. Liebe Hans-Blum-Freunde,
    das ist keine Hans-Blum-Website, sondern der Artikel ein Interview, das ich vor einiger Zeit mit HansBlum für die Bergische Landeszeitung geführt habe.

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